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Monster - Vom Erwachsensein

„Monster“ ist der erste veröffentlichte Film der Regisseurin Jennifer Kent aus dem Jahr 2005. Er stellt als Kurzfilm die Vorlage des 9 Jahre später gedrehten Films „Babadook“ dar, bei dem ebenfalls Kent Regie führte.

Zunächst gibt er sich als feministischer Film, der das mütterliche Prinzip an oberste Stelle setzt. Der beschützende Schlacht- und Verteidigungsruf der Mutter (Susan Prior) gegen das mannhafte Ungeheuer, das ihr selbst mehr Angst einzujagen scheint, als ihrem Sohn, lässt es schrumpfen und verbannt das Monster in einen Wandschrank. Hier wird es dann in der Endeinstellung durch die Mutter mit einem Glas Milch versorgt. Furchteinflößende Größe, Gewalt und penetrativ-eindringende Männlichkeit werden symbolisch durch die stillende liebende Mutter entwaffnet und unterminiert.

Aber der Film macht mehr als das. Es gibt keine einseitige Heroisierung weiblicher Prinzipien, viel eher herrscht eine geschlechtslose Gegenüberstellung etwaiger Dichotomien: Gesehenes und Ungesehenes, Innen und Außen, der kindliche und der erwachsene Blick und zuletzt Einsamkeit und Zweisamkeit. Diese Pole sind in einem solch verdichteten Verhältnis miteinander verschmolzen, dass das Haus, in dem der Film spielt, als Parabel für das menschliche Innenleben zu stehen vermag. Die Angst des Sohnes vor seinem Monster wird so zur existentiellen Angst des Lebens an sich, von dem auch die erwachsene Frau heimgesucht wird.

Geschickt wechselt die Kameraperspektive zwischen den aufgezählten Polen hin und her. Selbst die Perspektive des Monsters wird wiederholt durch eine Art POV-Einstellung eingenommen, was später auch in „Babadook“ eines der eindrücklichsten Momente ausmacht. Wir selbst sind das Monster. Wir sind das Kind und die Mutter und die Angst.

Durch diese Inszenierung hält Jennifer Kents „Monster“ dem Zuschauer einen Spiegel vor, der zu Fragen zwingt: Bin ich so weit, mit meinem Monster den Frieden zu schließen? Kann ich mich als Erwachsenen taufen? Ist mir die innere Emanzipation im ursprünglichen Sinne gelungen?

Mutigen Schrittes stellt sich die Mutter zwischen Kind und Ungeheuer. Es ist nicht ganz klar auszumachen, ob das zurückgeschreckte Kind das Monster oder seine lauthals schreiende Mutter im Auge hat. Die dadurch teilweise wahnsinnig und kindisch wirkende Frau (sie lässt sich auf die gleiche Symbolebene ein, wie ihr Kind, in der Monster echt sind) kann ihren Status als solche auch sonst nicht revidieren, da das Haus und ihr Kind verwahrlost daherkommen.

Dem Monster dagegen wird Fürsorge zuteil. Der Film wird somit nicht zu einer einfachen Geschichte femininer Stärke oder der Wirkkraft mütterlicher Liebe, sondern destruiert zugleich diese allzu einfachen Topoi durch den Einsatz komischer Elemente. Es geht um das Wahnsinnige und Monströse im unschuldigen weißen Gewandt und das kindliche Unbeholfene hinter den schwarzen Krallen des Grauens. Der Film betrifft jeden, weil er Bilder findet, um das Verhältnis des Erwachsenenseins zum Kindsein fühlbar zu machen. Und zwar auf einer existenziellen Ebene. Hinter jedem noch so abgestumpften Erwachsenen herrschen die Angst und das Spiel des Kindes.


Ganzer Film auf Vimeo