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Mission: Impossible 6 - Fallout - Hinter aller Action die Sehnsucht nach Familie

Schlägereien, bahnbrechende Verfolgungsjagden und atemberaubende Locations. Rund um die Welt wird hier gerannt, geklettert, gesprungen, geschossen und im Mittelpunkt steht Tom Cruise, der Actionheld. Mittlerweile ausgeklügelt ins eigene Marketing des Films mit eingebunden und zugleich von den Kritikern gelobt, ja gerade zu gefeiert, sind die halsbrecherischen Aktionen des Filmstars, der sich sichtlich voller Leidenschaft ins Zeug legt für authentische, bis in die feinsten Nuancen des Gesichtsausdrucks hineinwirkende Stunteinlagen. Dass sich die Story dabei geradezu zum schmucken Beiwerk degradiert sieht, ist dem Film gar nicht übel anzurechnen. Ethan Hunt, im Grunde eigentlich schon der Deckname für Tom Cruise selbst, soll mit seinem Team Plutonium (aus dem man Atombomben bauen kann, wenn man das nötige Know-how dazu besitzt) sicherstellen. Hunt misslingt die Sicherstellung jedoch, weil er den Tod eines seiner Teammitglieder verhindert. Die Rettung seines Nächsten ist ihm in dem Moment wichtiger, als die möglichen Konsequenzen: die atomare Bedrohung.

Der wahre Held

Die Faszination des Films besteht vor allem im Cruise-Hype. Rechnet man diesen ab, bleibt nicht viel übrig, außer einer etwas zu konstruierten und verschlungenen Handlung, ungelenk wirkenden Sprüngen zwischen rasanter Action und bewegungslosen Dialogsequenzen (die nur als notwendige Informationsquellen zum Verständnis der Story dienen) und einem makellos konservativen Filmhandwerk.

Interessant ist aber die Hunt/Cruise-Figur, um deren Dreh- und Angelpunkt sich sowohl Story, Nebenfiguren und Bösewichte versammeln, als auch das Marketing und die Rezeptionshaltung der KinogängerInnen. Denn Cruise steht hier für einen heroischen Typus, der weit über die bekannten Heldenschwärmereien der einschlägigen Franchise hinausgeht. Er ist keine quietschbunte stereotype Maske, keine Sitcom-Figur und kein Pappaufsteller, der verborgene Fetische bedient, sondern ganz einfach der alte wahre Held, dem man mit quasi-mythischem Vertrauen und Glauben begegnet. Wie ein Vater, dabei optisch kaum gealtert, bietet Cruise Rückhalt und Beständigkeit, nicht nur für sein Team. Am Ende nimmt der Film die Perspektive der Teammitglieder ein, die blind auf das Gelingen ihres Anführers, auch Vaters und besten Freundes, hoffen müssen. Der Bildschirm bleibt für einen so zügigen Actionfilm ungewöhnlich lange weiß. Beinahe in religiöser Manier, zwischen Abgrund und Erlösung, bleibt nur noch vertrauensvoll abzuwarten, ob Hunt es geschafft hat…

Nächstenliebe

„Fallout“ feiert die Familie, das Nächste und die engen Bande der charaktervollen Menschen in direkter Umgebung. In einer unübersichtlichen Welt voller irreal anmutender Nachrichten, die den ganzen Globus betreffen, voller Stunt double und Greenscreens, voller Fakes und digitaler Monitore und großen Zahlen, lässt der Film die Wände des Scheinbaren fallen und zeigt die analoge Unmittelbarkeit. Die meisten Displays im Film zerspringen, Benji (Simon Pegg), eigentlich der „Computernerd“, benimmt sich absurd technikfremd, es sind die Bösen und Hinterlistigen, die auf Displays erscheinen und zuletzt ist es das Ausfallen der Funkverbindung zwischen Team und Hunt, dass jenes uneingeschränkte Vertrauen einfordert. Unter der brausenden Action ist die Sehnsucht nach Nächstenliebe und analoger Aufmerksamkeit zu vernehmen, nach einer unumstößlichen Stütze, einem liebenden Vater, der für uns ins Feuer springt.

Um ins Lokalpatriotische abzudriften, ist der Film glücklicherweise aber doch zu erlebnisdurstig und zu global. Um in eine unreflektierte dogmatisch-religiöse Heldenverehrung abzudriften, ist er zu bodenständig. Und die nostalgische Sehnsucht nach analogem Zusammenhalt zwischen Mensch und Mensch wirkt an keiner Stelle starrköpfig regressiv. Um aber zu erstaunen, fehlt es schlichtweg an Innovation und kreativen Ideen. „Fallout“ ist ein solides Handwerk, das Schweiß und sogar einen Knöchelbruch gekostet hat. Aber, will man sich nicht der Cruise-Mystifizierung anschließen, ist und bleibt er doch „nur“ solides Handwerk.