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Bonnie und Clyde -Liebe und Tod

Als hätte es gar nicht anders kommen können und als wäre deren gesamtes vorheriges Leben nicht einmal erwähnenswert, treffen die beiden, Bonnie (Faye Dunaway) und Clyde (Warren Beatty), schicksalhaft, unerklärt, beinahe gestellt wirkend in der Zufälligkeit des Ereignisses, aufeinander. Schnell wird klar: Es gibt keine Bonnie ohne Clyde und keinen Clyde ohne Bonnie. Alles was diese vor ihrem Aufeinandertreffen auch gewesen sein mögen, was sie erfahren und was ihnen widerfahren ist, spart der Film gezielt aus. Erst deren Symbiose bringt überhaupt die Handlung ins Rollen, macht erst den Helden des Films. Es gibt keine kitschige Überhöhung und keine schmalzige Verbalisierung der Liebe. In dem der Film gerade das Grundlegende der Liebe und des Verliebtseins einfach unerklärt voraussetzt, eine Begründung für deren Zustandekommen beispielsweise, erzählt er nicht die Geschichte des Verliebens, sondern die der Verliebten. Erstaunlicherweise gibt es auch keine theatralischen Liebeskrisen, die es durch Wendungen und neue Handlungen zu beseitigen gilt. Alles entfaltet sich hier aus einem bereits zu Anfang des Films zementierten Fundaments. Wunderbar gespielt und feinfühlig in Szene gesetzt. Bonnie gehört zu Clyde und Clyde zu Bonnie.

Während sie beiläufig an ihrer Cola nippen, ungesättigt von ihrem bisherigen Leben, unerfüllt von der Tristesse ihres erwartbaren Daseins innerhalb des geregelten Alltags, tut sich den beiden die Möglichkeit des Ausbruchs auf. Wie, wenn die Liebe eine Ahnung davon geben dürfte, wie es ist, alle errichteten Schranken, seien es die der Gesellschaft, der Eltern, der Politik oder der im eigenen Kopf, umzustürzen? Vielleicht bietet Bonnie und Clyde gerade hier ein Bild der Liebe, das, hinter der bekannten Erzählung zweier stürmischer Romantiker, die nicht genug vom Leben bekommen können, gerade im Gegenteil, die stillschweigende Übereinkunft zweier Menschen zeigt, die übervoll vom Leben sind: zweier Menschen, die sich eine eigene Welt erschaffen. Die Rebellion mündet in keiner rauschhaften Lusterfahrung, weder im Sex noch im unstillbaren Konsum. Sie ist vielmehr der emanzipatorische Ausdruck einer Sehnsucht der beiden nach Stille und Geborgenheit.

Die erste Szene zeigt Bonnie auf ihrem Bett, unbeschäftigt und, wie es scheint, unerfüllt im Allgemeinen. Wie durch einen inneren unterdrückten Schrei der existenziellen Unzufriedenheit, schlägt sie verzweifelt auf ihr Bett ein. Sie ist des Lebens überdrüssig. Wie in jeder großen Liebesgeschichte (oder zumindest den meisten) steht im Eigentlichen nicht das Leben im Mittelpunkt der Erzählung, sondern der Tod. „Bonnie und Clyde“ handelt nicht vom Verlieben, sondern von Verliebten, nicht von einem Prozess, sondern von einem Zustand. Der große Konflikt und auch die große Traurigkeit ist, dass dieser Zustand am Treiben der Welt bricht. Dass es keine eigene Welt für die Liebenden gibt, außer im Tod und in den kurzen stillen, fast windstillen Minuten auf einer Picknickdecke im Grün einer menschenleeren Sommerwiese.